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‘Wir kontrollieren uns selbst’

Ein kleiner Nachtrag zum Artikel
»(FSK) Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft«

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„Zensur auf dem Umweg über die Jugend?“ – fragt die Frankfurter Allgemeine am 16.6.1979

Lehrkräfte Bundes-Deutschland,

lernt unterscheiden zwischen „Wissenschaft“ und „Pseudo-Wissenschaft“

Laut Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften gibt es wissenschaftlich erscheinende Bücher, die kraft geeigneter „Gutachten“ als „der Wissenschaft nicht dienend“ festgestellt werden. Solche Bücher dürfen daher nicht mehr öffentlich angeboten oder gar Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Die gewerblichen Leihbüchereien haben solche Bücher zu entfernen. Strafgesetze mit Geld- und Gefängnisstrafen werden wirksam. Wer glaubt, er habe ein Recht auf freie Information, Meinungs- und Lehrfreiheit, der irrt!

Er handelt „grob fahrlässig“, wenn er sich nicht bei den Behörden informiert. Es gibt Richtlinien für die Lehrer, die den Schulunterricht in einer ganz bestimmten Richtung (oder „Interpretation“), nämlich im „anti-faschistischen Sinne“ aufzuziehen haben, da „kontrollieren sich Rundfunk und Fernsehen selbst“, und da gibt es anstelle verordneter Zensur „freiwillige Selbstkontrolleinrichtungen“ der freien Gesellschaft, zusammengesetzt aus freiwilligen demokratischen Aktivisten verschiedener demokratischer Gruppierungen, die für die gewünschte politische Dogmatik die rechten Vokabeln zu setzten verstehen. Wissenschaft wird auf diese Weise zur Pseudowissenschaft, Wahrheitsforschung zum Fälschertrick, Dokumente zu sozialethisch verwirrenden, jugendgefährdenden Medieninhalten, die allenfalls eingepackt in umfangreiche opportunistische Kommentare unterm Ladentisch etwas vom Tageslicht erhaschen dürfen. Wie „sozialethisch verwirrend“ das sein kann, enthüllen nachfolgende Presseinformationen:

Vlothoer Zeitung, Titelseite, Ausgabe 22 Juni 1979

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Karikatur aus der „Deutschen Wochenzeitung“ (82 Rosenheim) vom 27.Juli 1979

Wie der Journalismus heute die Sachverhalte verdreht – wie besorgt man in Wirklichkeit um das sozialethische Wohl der Jugendlichen ist, geht aus dieser Karikatur jedoch nicht hervor.

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Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Bd. 7,Nr. 28/1958 S. 208):

„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt…Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, die ihr Lebenselement ist. Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“

Zum Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG

„Eine Zensur findet nicht statt.“ – Hiermit findet keine Kontrolle vor einer Publikation statt. Doch bedeutet dies nicht, dass deshalb nach Erscheinen eines Medienorgans keine Verbots- oder Einschränkungsmaßnahmen im Rahmen der Strafgesetze und (oder) des Gesetzes zum Schutze der Jugend wirksam werden können in einem Maße, die einer Zensur kaum nachstehen, zumal sie nachhaltig Einfluss auch auf Zukunftsentscheidungen und Möglichkeiten der Publizisten oder Verleger haben.

Es wird in der Bundesrepublik Deutschland Wert darauf gelegt, dass eine Vorzensur einer staatlichen – „fremden“ – Instanz nicht stattfindet, dass für Straftatbestände die für einen Rechtsstaat zuständigen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften wachsam tätig sind und im Übrigen alle fein ihre „Selbstkontrollen“ durchführen:

Selbstkontrolle der Presse

Der „Deutsche Presserat“ (seine Mitglieder werden durch die Berufsorganisation der Presse, wie Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Verband deutscher Zeitschriftenverleger, Deutscher Journalistenverband, Deutsche Journalistenunion nominiert) hat satzungsgemäß „ Missstände im Pressewesen festzustellen“ und als Selbstkontrollorgan tätig zu werden. – „Pressekodex“, Informationsmonopole, Wohlverhalten (gegenüber wem wohl?), Abhängigkeiten gegenüber den politischen Kräften, der Wirtschaft und den „gesellschaftlichen Organisationen“, Konkurrenzdruck und womöglich noch politische Subventionen bewirken eine Gleichschaltung im Hinblick auf die politischen „Tabus“, wie eine staatliche Vorzensur sie auch nicht wirksamer erzielen könnte.

Wer dennoch aus diesem Kreis der „allgemeinen Einverständnisse“ auszubrechen versucht, begibt sich schneller als er erahnen mag, jegliche weitere Möglichkeiten, publizistisch im bisherigen Rahmen tätig zu sein. Oder anders ausgedrückt: Wer die (von „Amts wegen“ vermittelten – siehe Londoner Statut vom 8.August 1945) „allgemeinen historischen Tatsachen“ anzweifelt oder gar leugnet (heute heißt das leugnen, nicht zweifeln), wer mit dem sittlich gebotenen Eintreten für den (in Bonn/Berlin gesetzlich genau abgesteckten!) „demokratischen Rechtsstaat“ nicht auch gleichzeitig den geforderten Abscheu gegenüber der (welcher? – Frage erübrigt sich, jeder weiß es) „verbrecherischen Gewaltherrschaft“ vollmundig artikuliert, hat die für einen Massenmedienpublizisten gegebene berufliche Lage offenkundig nicht begriffen.

Die Akte eines so Unbefähigten oder „Unverbesserlichen“ ist schnell geschlossen. Für die Öffentlichkeit hat man Wichtigeres zu berichten.

Selbstkontrolle der Illustrierten

Nach dem Motto: »Wir kontrollieren uns selbst« schufen sich die Illustriertenverleger 1957 eine Satzung, in der es u.a. heißt: „Im Bereich der Illustrierten ist eine gesunde, für die Jugenderziehung unbedenkliche Gesamtatmosphäre zu schaffen, insbesondere dafür zu sorgen, daß bei der Gestaltung der Illustrierten Darstellung vermieden werden, die jugendgefährdend sind.“ 1971 löste sich die Selbstkontrolle illustrierter Zeitschriften auf. Wiederbelebungsversuche durch Bundespräsident Heinemann hatten keinen Erfolg; dafür waren seine Wiederbelebungsversuche in Sachen KPD – DKP umso erfolgreicher.

Selbstkontrolle deutscher Romanheft-Verlage

1963 konstituierte sich die Selbstkontrolle deutscher Romanheft-Verlage, um zu erreichen, zeitig Straf- und Jugendschutzbestimmungen aus dem Wege zu gehen. Der Kreis der prüfungspflichtigen Manuskripte beschränkt sich auf Wildwest-, Kriminal-, Abenteuer-, Utopische-, Soldaten- und Horror-Romane.

Nicht kontrolliert werden Sex- bzw. pornographische Hefte dieser Verlage!

Auszug aus dem „BSP-Report“, Nr. 2 – 15.7.1987

Staatssekretär Dr. Wolters hat in Vertretung von BM Frau Huber, die sich in Urlaub befindet, diese Indizierungsbeschlüsse begrüßt und der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass nun auch die Jugendämter, die ja seit einiger Zeit antragsberechtigt sind, künftig von ihrem Recht Gebrauch machen, bei der Bundesprüfstelle Anträge auf »Indizierung« von Gewalt und Brutalität verherrlichende Schriften zu stellen…

»Indizierung« bedeutet, dass jegliche Werbung für solche Objekte untersagt ist, und dass sie nicht öffentlich angeboten werden dürfen. Sie dürfen z.B. nicht in Kiosken ausgelegt und dürfen nicht über den Ladentisch verkauft werden. Es bedeutet nicht, dass sie verboten sind. In der Regel aber führt das Werbeverbot dazu, dass der Hersteller und Vertreiber sehr rasch den Gefallen verliert, weil der Umsatz praktisch auf null zurückgeht.

Die Bundesregierung, prominente Politiker und die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden der SPD haben insbesondere in letzter Zeit betont: Die Bundesprüfstelle übt keine Zensur aus. Sie ist eine sehr wichtige unabhängige Institution zum Schutz der Jugend insbesondere vor NS-Propagandamaterial, verfassungsfeindlichen, gewalt-, kriegsverherrlichenden und verharmlosenden Schriften, Ton- und Bildträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen…

Dokumente aus der NS-Zeit, sowie jegliche Schriften, die den entsprechenden Kriterien zugeordnet werden – jedenfalls unter bestimmten Vorraussetzungen – können den Tatbestand der Jugendgefährdung und damit die Vorraussetzung nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften erfüllen…“

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F A Z I T:

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Index Schulrichtlinien Sprachregelungen für Beamte und Gewerkschaftsfunktionäre Öffentliche Wahlkampffinanzierung der Parteien monopolisierte Medien „Selbstkontrolle“ aller Medien 5% Klausel vielfältige Strafbestimmungen und Prozesse für unerwünschte Meinungen macht die Grundsätze der Demokratie wie Gleichheit der Chancen, Gleichheit der Stimmen, das Recht auf geheime Wahl, Informationsfreiheit, Lehr- und Meinungsfreiheit zur …

(?)

na, was denn…

…zur echten Friedenstat!

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Quellen:

„BSP-Report“, Nr. 2 – 15.7.1987
„Deutschen Wochenzeitung“ (82 Rosenheim) vom 27.Juli 1979
  1. zdago
    18. Mai 2009 um 20:57

    @Zensur auf dem Umweg über die Jugend

    Sklaven sind dann am günstigsten zu halten, wenn sie aus eigener Überzeugung ihr Sklavendasein für berechtigt halten.

    Der Kult mit der Schuld scheint sehr efrektiv zu sein.
    mfg zdago

  1. 17. Mai 2009 um 03:17

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